Damit Beziehungen gelingen können, ist das gegenseitige Vergeben von kleinen und größeren Fehltritten unabdingbar, denn jeder Mensch ist fehlbar. Auch wenn wir von uns selbst häufig gerne behaupten, dass uns dieses oder jenes niemals passiert wäre, hat wohl jeder auch schon erlebt, dass er über sein eigenes Denken und Handeln ziemlich erstaunt, manchmal sogar völlig entsetzt war.
Wir sind häufig sehr schnell darin, andere für ihr Verhalten zu verurteilen. Egal, ob uns im Straßenverkehr die Vorfahrt genommen wird, ein Kollege uns im Job mit seinen Bemerkungen auf den Zeiger geht, Politiker sowieso alle Volltrottel sind und unsere Partnerin nur an uns rumnörgelt. "Das ist ja wohl eine völlige Unverschämtheit"; Das hätte der doch wissen müssen"; "So etwas darf einfach nicht passieren"; "Wie kann man nur so blöd sein?"; "Das muss ich mir nicht gefallen lassen"...
Wir sind Weltmeister darin, uns über andere zu empören. Aber wie sieht es mit uns aus? Mit unseren eigenen Fehltritten? Haben wir wirklich noch nie jemandem im Straßenverkehr behindert? Waren wir dem Kollegen gegenüber nicht auch häufig unfreundlich? Pampen wir unsere Partnerin nicht auch regelmäßig an? Und wenn dem so ist, wünschen wir uns dann nicht, dass andere uns diese Fehltritte vergeben?
Wir halten uns die Augen zu, wie ein Kind beim Versteckspiel
Warum fällt uns selbst so schwer, was wir von anderen fast schon wie selbstverständlich erwarten?
Es sind unsere blinden Flecken, die uns das Leben schwer machen. Wir erkennen die Fehltritte der anderen blitzschnell und haben auch keine Mühe, uns darüber aufzuregen. Aber leider, leider sind wir selbst nicht viel besser. Vielleicht machen wir andere Fehler, aber wir machen welche.
Warum wir das nicht so sehen? Weil wir es nicht sehen wollen! Aus Scham und aus Angst selber auch verurteilt zu werden. Deshalb machen wir einfach die Augen zu, wie ein kleines Kind, dass sich die Hände vor das Gesicht hält, um beim Versteckspiel nicht entdeckt zu werden.
Ein erster Schritt zum inneren Frieden
Wie können wir das ändern?
In "Ein Kurs in Wundern" heißt es hierzu: „Wenn du spürst, dass du versucht bist, jemanden einer Sünde in irgendeiner Form zu bezichtigen, erlaube deinem Geist dann nicht, bei dem zu verweilen, von dem du denkst, er habe es getan, denn das ist Selbsttäuschung. Frage vielmehr: „Würde ich mich dessen anklagen?“ (Übungsbuch, Teil I, Lektion 134, S. 249)
Das klingt nach einer ziemlich simplen Frage und doch steckt darin unglaubliches Potenzial unsere Beziehungen und uns selbst zu befrieden.
Gehen wir im Geiste doch mal alle Menschen der Reihe nach durch, über deren kleinere und größere Fehltritte, wir uns heute empört haben oder über die wir uns sogar regelmäßig ärgern. Und dann fragen wir uns bei jedem Einzelnen "Würde ich mich dafür verurteilen, so gehandelt zu haben?"
Und wenn wir jetzt denken: "Och, wenn ich ehrlich bin, hätte mir das auch passieren können" oder "Mhhh, dumm gelaufen, aber irgendwie auch menschlich", dann sind wir der Vergebung schon ein großes Stück entgegengegangen, weil wir das Urteil gegen den Anderen aufgehoben und uns mit ihm auf eine Stufe gestellt haben und genau das ist wichtig, damit Beziehungen wirklich gelingen können.
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